Schnell, präzise, wandelbar – für das Münchner Architekturbüro Brückner Architekten ist modulares Bauen weit mehr als ein kurzfristiger Hype. Im Interview mit der Mo|u|Se-Redaktion spricht Architekt Laurent Brückner über die Potenziale des seriellen Bauens für Nachhaltigkeit und urbane Verdichtung, über die gestalterische Freiheit im System und darüber, warum BIM im Modulbau nicht Kür, sondern Pflicht ist. Eine klare Positionierung zu einem Bauen, das mit der Zeit geht – und der Zukunft standhält.
Welche Vorteile sehen Sie im Modulbau hinsichtlich Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung?
Modulares Bauen verbindet innovative Bauweise mit Effizienz und Flexibilität. Es bietet nicht nur eine schnellere Bauzeit, sondern auch maßgeschneiderte Lösungen, die sich an individuelle Bedürfnisse anpassen lassen – und das alles mit einem nachhaltigen Ansatz für die Zukunft. Modulbau ist für uns daher kein Trend – sondern die konsequente Antwort auf ein Bauwesen, das seit Jahrzehnten Ressourcen verschwendet, Energie vergeudet und Verantwortung outsourct. Unsere Partner, darunter Leipfinger-Bader oder TM Ausbau, fertigen industriell vor – präzise, effizient, witterungsunabhängig. Kein Verschnitt, keine unnötigen Fahrten, keine Stillstände.
Welche Herausforderungen treten bei der Planung und Umsetzung von modularen Bauprojekten auf?
Modulares Bauen klingt nach Effizienz – und das ist es auch. Aber es verlangt eines: radikale Präzision in der Planung. Viele Bauprojekte kranken daran, dass man unterwegs ständig umplant, Details auf der Baustelle löst, Probleme verschiebt. Im Modulbau funktioniert das nicht – weil jeder Fehler mitgebaut wird, wenn man ihn nicht vorher eliminiert.Heißt: Entscheidungen müssen früh fallen – von der Steckdose bis zur Türklinke. Wer das nicht will, wird im Modulbau nicht glücklich. Und auch logistisch ist das Ganze komplex. Ein weiterer Punkt: die Genehmigungsprozesse. Viele Behörden denken noch in klassischen Kategorien und kommen mit der Geschwindigkeit und Systematik des Modulbaus nicht klar. Das bremst Innovation – und kostet Zeit.
Wie beeinflusst der Modulbau die architektonische Gestaltung und die spätere Nutzung von Gebäuden?
Das Vorurteil hält sich hartnäckig: Modulbau sei gleichförmig, monoton, langweilig. Das Gegenteil ist der Fall. Modulbau heißt: Gestaltung im System – mit einem Raster, das Klarheit schafft, aber genug Raum für architektonische Vielfalt lässt. Wer kreativ mit Maß, Rhythmus und Typologie umgeht, schafft Gebäude mit Identität und Charakter – trotz oder gerade wegen der Modularität. Wir denken Gebäude nicht mehr als starren Klotz, sondern als wandelbaren Organismus. Unsere Architektur lebt vom Prinzip: heute so, morgen anders. Aus einem Büro wird Wohnraum, aus einer Schule ein Co-Working-Space. Das alles, ohne zu reißen oder neu zu bauen. Die Struktur bleibt – der Inhalt passt sich an. Und genau das ist der Unterschied: Konventionelles Bauen produziert oft Objekte mit Verfallsdatum. Modulares Bauen ermöglicht Architektur, die bleibt – weil sie sich verändern kann.
Welche Rolle spielt Building Information Modelling (BIM) speziell im Modulbau bei Brückner Architekten?
BIM ist für den Modulbau das, was das Navi fürs Auto ist: Ohne kommst du vielleicht an – aber mit hundert Umwegen und Zeitverlust. Im Modulbau ist kein Platz für Baustellenimprovisation. Module werden industriell gefertigt, nicht „mal eben auf der Baustelle“ angepasst. Wir nutzen BIM aus Überzeugung und seit vielen Jahren als verbindende Plattform – alle Planer, alle Fachdisziplinen arbeiten daran gemeinsam. Bei uns steht immer das Projektziel im Fokus – Zeitgewinn, Kostensicherheit, Klarheit in der Kommunikation. Der digitale Zwilling hilft uns, schneller zu entscheiden, Probleme zu antizipieren, Prozesse zu automatisieren. Für den Modulbau ist das kein Bonus, sondern die Voraussetzung dafür, dass Qualität in Serie gelingt. Und ehrlich: Wer heute modular bauen will und dabei auf BIM verzichtet, arbeitet mit angezogener Handbremse.

Wie reagieren Bauherren und Nutzer auf modulare Gebäude im Vergleich zu konventionellen Bauten?
Wohnraummangel, steigende Baukosten und fehlende Fachkräfte setzen den Wohnungsbau unter massiven Druck – besonders in den Städten. Prognosen sprechen von 750.000 fehlenden Wohnungen bis 2025. Modulares Bauen ist deshalb keine Frage von Vorlieben, sondern eine zwingende Antwort auf die Realität des Marktes. Es geht um Lösungen, nicht um Ideologien. Trotz anfänglicher Skepsis – viele erwarten beim Stichwort „Modulbau“ billige Container und Kompromisse – erleben Bauherren und Nutzer:innen nach Fertigstellung oft das Gegenteil: Präzise gefertigte Gebäude, hochwertige Materialien, kurze Bauzeiten und architektonische Qualität, die sich mit klassischem Bau messen kann. Die Vorteile liegen auf der Hand: Planungssicherheit, keine wetterbedingten Verzögerungen, keine endlosen Baustellen – und am Ende ein Gebäude, das sich nahtlos in den Alltag einfügt. Viele merken nicht einmal, dass sie in einem modularen Bau sitzen – und wenn doch, dann meist mit positivem Aha-Effekt. Modulares Bauen ist nicht für jedes Projekt die beste Lösung. Aber wenn es passt, ist es allen anderen Systemen überlegen – schnell, präzise, flexibel und qualitativ hochwertig. Wer heute noch auf klassische Bauweisen setzt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.
Welche Materialien bevorzugen Sie beim Modulbau, und wie wichtig ist dabei das Thema Holzbau?
Im Modularbau gibt es keine pauschale Festlegung auf ein Material, weil jedes Projekt individuelle Anforderungen hat. Die Wahl zwischen Beton, Holz oder anderen Baustoffen erfolgt immer projektbezogen – abhängig von Nutzung, Vorschriften, Nachhaltigkeit, Kosten und Design. Die Flexibilität bei der Materialwahl ist ein großer Vorteil des modularen Bauens und ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedliche Bauaufgaben. Manchmal ist Holz das beste Material, manchmal Beton – und oft auch eine Kombination aus beiden. Die Entscheidung fällt immer im Kontext des jeweiligen Projekts, wir sind also nicht ideologisch unterwegs. Wenn eine Hybridlösung mit Stahl oder Beton sinnvoller ist – z. B. für größere Spannweiten oder Brandschutzanforderungen – dann machen wir das. Entscheidend ist immer: Was bringt funktional, wirtschaftlich und ökologisch am meisten.
Wie sehen Sie die Zukunft des Modulbaus im Hinblick auf urbane Verdichtung und Wohnraummangel?
Die Zeit klassischer Bauweisen ist abgelaufen: Zu langsam, zu teuer, zu starr – sie passen nicht mehr zu den Herausforderungen moderner Städte. Modulbau ist die Antwort auf Wohnraummangel, steigende Grundstückspreise und immer knapper werdende Bauzeiten. Wir schaffen flexible Lösungen: aufstocken, Lücken füllen, temporär bauen – und das alles mit hoher Qualität und verlässlicher Planung. Gebäude müssen heute wandelbar sein: Mehr Wohnungen? Wir erweitern. Weniger Bedarf an Kitas? Wir bauen zurück. Aus Wohnen wird Gewerbe? Wir passen an. Modulbau macht Städte anpassungsfähig – und genau das ist jetzt gefragt. Politik und Verwaltung müssen endlich umdenken: Weg von starren Konzepten, hin zu echter Flexibilität. Wer heute noch konventionell plant, schafft morgen die Engpässe von übermorgen.
Welche Trends und Innovationen erwarten Sie in den nächsten Jahren im Bereich des modularen Bauens?
Der größte Trend? Modulbau wird endlich als vollwertige Bauweise anerkannt – nicht mehr als Notlösung oder Containerästhetik, sondern als ernstzunehmende Architektur mit Anspruch und Intelligenz. Die Entwicklung ist eindeutig: Modular wird digital, schnell, ressourceneffizient und vor allem flexibel. BIM ist Standard, Prozesse werden verschlankt, Schnittstellen automatisiert. Improvisation weicht System. Gleichzeitig wächst das architektonische Potenzial: Module sind heute variabel, die Gestaltungsmöglichkeiten vielfältig. Die Zeit der Standardbox ist vorbei – individuelle, hochwertige Lösungen sind gefragt, gerade bei uns im Büro ein zentrales Thema. Was wir sehen, ist kein disruptiver Bruch, sondern eine konsequente Professionalisierung. Genau das begrüßen wir – weil wir diesen Weg längst gehen.
Welche spezifischen Nachteile und Herausforderungen begegnen Ihnen beim Modulbau, etwa hinsichtlich begrenzter Gestaltungsfreiheit, Transportlogistik, höheren Anfangsinvestitionen oder technischer Einschränkungen, und wie gehen Sie als Architekturbüro damit um?
Modulbau verlangt eine andere Haltung: Hier zählen Präzision, frühzeitige Entscheidungen und kompromisslos klare Planung. Spontane Änderungen auf der Baustelle? Gibt es bei uns nicht. Genau darin liegt unser Anspruch – und unser Vorsprung. Als Generalplaner übernehmen wir bei Brückner Architekten die Gesamtverantwortung: Wir denken Architektur, Technik und Prozess systemisch und führen alles zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Das Raster ist für uns kein Limit, sondern ein architektonischer Spielraum. Wir gestalten im System, nicht gegen es – und machen daraus anspruchsvolle Architektur.Unsere Rolle als Generalplaner ist dabei zentral: Wir bieten unseren Kunden einen sicheren Hafen, minimieren Schnittstellen und liefern das Ergebnis aus einer Hand – mit besonderem Fokus auf Designqualität und innovative Lösungen. Ja, Modulbau hat Grenzen – logistisch, technisch, manchmal gestalterisch. Aber genau diese Bedingungen fordern uns heraus und bringen gute Architektur hervor. Klarheit, Verantwortung und Erfahrung sind unser Fundament. Wir setzen auf systemische Planung, starke Storys und die Integration aller Disziplinen – und realisieren so Architektur mit echtem Anspruch und Mehrwert.